I still function, therefore I am

Ich funktioniere noch, also bin ich

The end of the year is nigh and by now I am so angry I would like to rant. But every time I take a deep breath and set pencil to paper words fail me. The pandemic and the requisite measures to curb infections are not the reason for my anger. What incenses me is the observation that unscrupulous politicians subtly use this crisis as a smokescreen to push through an unsavoury political agenda and instigate changes quite unopposed, mostly for the benefit of a small moneyed elite with the right connections.

On a more personal level 2020 was frustrating, monotonous, yet exhausting, and liberally interspersed with nerve wrecking occurances. Rummaging in the box where I keep receipts I decided on a whim that this awful year deserves a book of its own. I think the shape it took is apt and for once the object speaks for itself.

What lies within? Was verbirgt sich im Schächtelchen?
Behold the fake loo roll! Only the cardboard tube at its core is authentic, the „paper“ consist of receipts for groceries glued together. | Gepriesen sei die gefälschte Rolle Klopapier! Das Kartonröhrchen in der Mitte ist echt, das „Papier“ besteht aus aneinandergeklebten Rechnungen vom Einkauf „lebensnotwendiger Güter“.

As we are now suffering the third lockdown I used materials at hand, that is I recycled/upcycled stuff I´d usually have thrown away: The cardboard tube hidden inside a roll of toilet paper (the most coveted article in any supermarket during the first lockdown in April), receipts I had kept as an aide memoire to remember where I had been, cardboard offcutts from the cover of a previous project. As a reference to hours spent cleaning and washing up I covered the box with sponge cloth and dust cloth. Never before have I wasted so much time on household chores. There are days I cannot shake the impression that I do little else other than work from home, keep the larder well stocked and spend time cleaning. 2020 truly is a year lost forever.

The words Work Shop Cook Clean Sleep are repeated over and over again on the reverse of the strip of paper. In my opinion they sum up the essence of this joyless year. | Auf der Rückseite des Papierstreifens steht als Endlostext Arbeiten Einkaufen Kochen Putzen Schlafen. Für mich bringen diese Worte das freudlose Jahr auf den Punkt.
The book is predominately made of recycled wastepaper. Sewn lines divide the months. 2020 in five words. | Das Buchobjekt besteht aus wiederverwendetem Abfall. Nähte im Zickzack-Stich trennen die Monate. 2020 in fünf Worten zusammengefasst.

Ich funktioniere noch, also bin ich

Das Jahresende naht und ich bin so verärgert, dass ich nur noch schreien möchte. Doch kaum hole ich tief Luft und setze zum Schreiben an, verlassen mich die Worte. Der Grund für meine Wut sind weder die Pandemie, noch die zur Eindämmung der Infektionen gesetzten Maßnahmen. Die Verstimmung ist auf die Beobachtung zurückzuführen, dass die Krise von skrupellosen Politikern subtil als Ablenkungsmanöver genutzt wird, um ein politisches Programm mit schalem Beigeschmack durchzudrücken und – ohne auf nennenswerte Opposition zu stoßen – Veränderungen einzuleiten, die großteils nur einer kleinen, vermögenden, gut vernetzten Elite dienen.

Auf der Ebene des persönlichen Erlebens war 2020 frustrierend, monoton aber dennoch kräftezehrend, und großzügig mit nervenaufreibenden Vorkommnissen gespickt. Aus einer Laune heraus entschied ich beim Wühlen in der Schachtel, in der bezahlte Rechnungen wohnen, dass dieses grässliche Jahr ein eigenes Buchobjekt verdient. Ich glaube, seine Gestalt ist passend und das Objekt spricht ausnahmsweise für sich selbst.

Da wir nun den dritten Lockdown erdulden, verwendete ich nur Material, dass ich gerade zur Hand hatte. Präziser ausgedrückt, ich habe Dinge recycelt, die normalerweise im Mülleimer gelandet wären: Das Kartonröhrchen im Inneren einer Rolle Toilettenpapier (während des ersten Lockdowns im April der begehrteste Artikel in jedem Supermarkt), als Erinnerungshilfe aufbewahrte Rechnungen, liegengebliebene Kartonreste des Covers eines anderen Projektes. Schwamm- und Staubtuch zieren die Schachtel als Verweis auf die mit Putzen und Abwasch verbrachten Stunden. Noch nie habe ich so viel Zeit durch Haushaltsarbeit eingebüßt. Es gibt Tage an denen ich mich nicht des Eindrucks erwehren kann, dass mein Leben nur noch aus Homeoffice, der Besorgung von Lebensmitteln und Putzen besteht. 2020 ist wirklich ein verlorenes Jahr.

Colour Bliss #10

Colour Bliss #10


Do you have a favourite colour for Christmas ornaments/decoration? Spontaneously I would say red, but my preferences have changed over time. The Christmas trees of my childhood were fully laden with colourful paper stars, pastel pink and white meringue rings, silver lametta, owls made of pinecones and felt, sweets wrapped in multicoloured paper and a few Christmas baubles. The effect was cheerful and rather garish. Young me favoured purple & silver Christmas ornaments, interrupted by a short lived silver & clear glass intermezzo. Finally I gave up buying a tree.

Strangely we never used the lovely Christmas ornaments inherited from my grandmother. I still don´t, though now and then I have bought additional historical pieces. These days a bowl with a few clear handblown glass ornaments, red berries and tiny apples suffices.

I wish you a MERRY CHRISTMAS!

Christmas ornaments I inherited from my grandmother and the colour palette they inspired. | Die zur Saison passende Farbpalette ist vom Weihnachtsschmuck, den ich von meiner Großmutter geerbt habe, inspiriert.
Two Christmas tree tops. Close up of an amaryllis. | Zwei Christbaumspitzen. Ich mag Amaryllis als Blumenschmuck zur Weihnachtszeit.
Christmas elves or a gathering of Santa impersonators? Christmas tree attemting to escape its netting.| Weihnachtswichtel oder doch ein Treffen von Weihnachtsmännern? Christbaum, der seiner Verpackung entkommen will.
Chimney cleanout door posing as Advent calendar door. Stars made of tissue paper. | Kein Adventkalendertürchen sondern eine Kamintür. Sterne aus Seidenpapier.
Crabapples. Christmas ornaments in the shape of Santa Claus. | Zieräpfelchen. Sogar als Baumschmuck gibt es den Weihnachtsmann.

Colour Bliss #10

Haben Sie eine Lieblingsfarbe für Weihnachtsschmuck/-dekoration? Rot würde ich ganz spontan sagen, aber meine Vorlieben haben sich mit der Zeit geändert. Die Weihnachtsbäume meiner Kindheit waren überladen mit bunten Papiersternen, blassrosa und weißer Windbäckerei, silber Lametta, aus Tannenzapfen und Filz gebastelten Eulen, in farbenfrohes Papier gewickelten Süssigkeiten und einigen Christbaumkugeln. Der Gesamteindruck war zwar fröhlich, aber ziemlich geschmacklos. Als junge Erwachsene bevorzugte ich Weihnachtsschmuck in Violett und Silber, mit einem kurzen Zwischenspiel in Silber und transparentem Glas. Schließlich hörte ich auf einen Christbaum zu kaufen.

Eigenartigerweise verwendeten wir nie den hübschen Weihnachtsschmuck, den meine Großmutter hinterließ. Noch heute lüpfe ich nur kurz den Schachteldeckel, um mich zu erfreuen, obwohl ich gelegentlich alten Schmuck dazukaufe. Mir reicht eine Schale mit einigen mundgeblasenen Ornamenten aus klarem Glas, roten Beeren und kleinen Äpfelchen.

Ich wünsche Ihnen FROHE WEIHNACHTEN!

Cookie Failure

Keksversagen

Christmas offers an excellent excuse to stuff oneself with cookies and chocolates. While the latter are available in good quality, it is advisable to bake Vanillekipferl, Zimtsterne, Schokobusserl & Co oneself. Homemade cookies simply taste better than the preservative ladden varieties sold in supermarkets from the beginning of September.

Alas, every Christmas I am faced with the same problem: my cookies always turn out misshapen. Inevitably when I pull them out of the oven they are either flat, amorphous, unintentionally crooked or sunken in the middle. Tasty morsels for sure, but not pretty. So swaps of baked goods are out. However, with a little luck I occasionally receive gifts, otherwise my still lifes would be sadly devoid of Christmas cookies.

Still life with cookies, teapot and ribbon. | Stillleben mit Weihnachtskeksen, Teekanne und Geschenkband.

Keksversagen

Es gibt keine schönere Entschuldigung sich mit Keksen und Schokolade vollzustopfen als Weihnachten. Letztere ist mittlerweile in guter Qualität erhältlich, hingegen empfiehlt es sich, Vanillekipferl, Zimtsterne, Schokobusserl & Co selbst zu backen. Eigenbau-Kekse schmecken einfach besser als die vor Konservierungsmittel strotzenden Sorten, die es ab Anfang September im Supermarkt zu kaufen gibt.

Ich habe leider ein kleines Problem. Alle von mir gebackenen Kekse sind missgestaltet, egal wie sehr ich mich bemühe. Wenn ich das Backblech aus dem Ofen ziehe, fällt mein Blick unweigerlich auf Kekse, die entweder superflach (weil kreisförmig auseinander geronnen), amorph, unbeabsichtigt gekrümmt oder in der Mitte eingefallen sind. So gut sie schmecken, schön sind sie nicht. Das disqualifiziert sie natürlich auch für den freundschaftlichen Austausch von Backwaren. Glücklicherweise bekomme ich manchmal Kekse geschenkt, sonst könnte ich kein Stillleben mit Weihnachtsgebäck fotografieren.

Es werde Licht!

Let there be light!

2020: Lockdown und Urlaub zuhause. Ich habe das Land unter meinen Küchenschränken durchstreift und bin im obersten Fach meines Wandverbaus auf Entdeckungsreise gegangen. Aus Sofaritzen gepulte Dinge wurden mit viel Fantasie zu tollen fremdländischen Einkäufen.

Vergangenes Wochenende ging es an die Erforschung meiner Beleuchtungskörper – OK, ich hätte den Kristallluster sauber machen sollen. Aber mit der Kamera zu experimentieren war lustiger. Ja, ja, ich habe danach brav jeden einzelnen Glasstein poliert. Aber ganz ehrlich, die vorher gemachten Fotos gefallen mir besser als jene des strahlend sauberen Zustands.

Let there be light!

2020: Lockdown and holidays at home. I roamed the land under my kitchen-cupboards and went on a voyage of discovery to the topmost shelf of my wall-closet. In my imagination things I extracted from nooks and crannies of my couch turned into great exotic purchases.

Last weekend I studied my light fittings – OK, I was supposed to clean the chandelier. But it was so much more fun to experiment with my camera. Yes, yes, afterwards I behaved and polished every single chrystal. However, to be honest I prefer the pictures taken before the cleaning spree to those of the squeaky clean chandelier.

My home is my castle

Das traute Heim

Input, I need input – badly. There is no lack of things to do, all of them unpleasant and/or work-related, in short: output only. The daily grind goes on, more tedious than ever. Lately I was so bored and angry, I needed to hear something rip. Shredding paper can be immensely satisfying, trust me. First I devastated the contents of my wastepaper basket, than turned towards the box with material for collages. To give my thirst for destruction a creative twist seemed just as well.

Picking illustrations of furniture out of the substancial heap of scraps – left after a vigorous bout of tearing – got me thinking about a book project focusing on the theme of „home“.

Snapshot of  a collage in progress. | Arbeitsfoto einer Collage.
Work in progress: from scraps to collage. | Kunst als Therapie: Aus vielen Schnippeln wurde eine Collage.

Home can mean many things, the term is emotionally fraught. From an economic perspective affordable living space has become the exception rather than the rule over the past 30 years of rampant Neoliberalism. Apartments are getting smaller to the detriment of our psychological and physical wellbeing. The culmination of this trend is the so called smart flat/tiny house – sold/rented at a premium price, of course. To me these overpriced cells are the acme of exploitation of and greedy contempt for a basic human need, namely a small territory of one´s own.

To have a home, a private space one can retire to and feel safe, a place to keep beloved objects, is of the utmost importance. Even more so during a pandemic. These past month have shown how ill suited many homes are to the newly arisen demands by the state and employers. During lockdown we must not leave our home without a reason stipulated by the government. Children are to be taught at home. Many employees have begun to work from home – often without receiving financial compensation for electricity, internet access, equippment and workspace. For many home is on the verge of becoming a prison.

The book "My home is my castle" closed and open. | Das geschlossene und geöffnete Buch "My home is my castle".
My home is my castle“ is a variation of the slot strip book. I found this ingenious construction in the inspiring book „bound“ by Rachel Hazell. | „My home is my castle“ ist eine Variante des slot strip book. Ich habe diese schlaue, klebstofffreie Bauweise dank des Buches „bound“ von Rachel Hazell kennen gelernt.

Hence I decided to draw the towers of a castle. Their walls protect, but they also hem in, confine. Their heights provide an excellent view, but make communication difficult. Space is at a premium in these slender towers. The hall of the castle, where once the household gathered merrily, is out of bounds. My paper towers are wonky, because our castles are built on sand.

Pages of the slot strip book plus towers. | Seiten des slot-strip-Buches mit Türmen.
Pages of the slot strip book plus towers. | Seiten des slot-strip-Buches mit Türmen.
Pages of the slot strip book plus towers. | Seiten des slot-strip-Buches mit Türmen.
The cover of the slot strip book plus towers. | Das Cover des slot-strip-Buches mit Türmen.

Das traute Heim

Input, ich brauche dringend Input. Es gibt keinen Mangel an Dingen, die erledigt werden müssen – allesamt unerfreulich und/oder beruflich. Kurzum, nur Output. Der alltägliche Trott geht weiter, nur noch mühsamer als sonst. Kürzlich war ich dermaßen gelangweilt und verärgert, dass ich etwas reißen hören wollte. Mit Gusto händisch Papier zu schreddern, kann unglaublich befriedigend sein, glauben Sie mir. Als Erstes machte ich dem Inhalt meines übervollen Papierkorbs den Garaus, dann kramte ich die Schachtel mit dem Material für Collagen hervor. Die Lust an der Zerstörung lässt sich durchaus auch kreativ nutzen.

Nachdem ich mich durch herzhaftes Zerfetzen von Papier abreagiert hatte, begann ich Illustrationen von Möbelstücken aus dem beträchtlichen Haufen Fitzel zu klauben und über ein Buchprojekt zum Thema „Zuhause“ nachzudenken.

Zuhause, Heim, kann vieles bedeuten, der Begriff ist emotional aufgeladen. Aus der wirtschaftlichen Perspektive gesehen, ist leistbarer Wohnraum – dank des ungezügelten Neoliberalismus der letzten 30 Jahre – heutzutage die Ausnahme, nicht die Regel. Die Wohnungen werden immer kleiner, zum Schaden unseres psychischen und körperlichen Wohlbefindens. Der Höhepunkt dieses Trends sind wohl die „Smart-Wohnungen“/Tiny Houses – die natürlich zu absoluten Höchstpreisen vermietet/verkauft werden. In meinen Augen sind diese überteuerten Zellen der Gipfel der Ausbeutung und Ausdruck menschenverachtender Gier, in einem grausamen Spiel mit dem grundlegenden menschlichen Bedürfnis nach einem eigenen Revier.

Es ist von größter Bedeutung ein Heim zu haben – einen privaten Raum, in den man sich zurückziehen und sicher fühlen kann, einen Ort an dem sich geliebte Dinge aufbewahren lassen und der den eigenen Bedürfnissen entspricht. Umso wichtiger ist dies in Zeiten einer Pandemie. Die letzten Monate haben uns gezeigt, wie schlecht viele Wohnungen dazu geeignet sind, den neuen Forderungen des Staates und der Dienstgeber zu genügen. Während des Lockdowns dürfen wir unser Heim nur noch aus von der Regierung festgesetzten Gründen verlassen. Kinder müssen zuhause unterrichtet werden. Viele Angestellte arbeiten nun von zuhause – oft ohne eine Abgeltung für Strom, Internetzugang, privat angeschaffte Geräte und Programme sowie Arbeitsplatz. Ganz zu Schweigen von den vielen Menschen, für die das eigene Heim langsam zum Gefängnis wird.

Daher entschloss ich mich, meine Collage mit den Türmen einer Burg zu ergänzen. Deren Mauern schützen, sie schließen aber auch ein. Aus schwindelnder Höhe bieten sie eine gute Aussicht, doch Kommunikation wird schwierig. Platz ist in den schlanken Türmen Mangelware. Das Betreten der großen Halle der Burg, in der sich einst der Haushalt fröhlich versammelte, ist verboten. Meine papierenen Türme sind wackelig, denn unsere Burgen sind auf Sand gebaut.